FOTOREPORTAGEN

Fotoreportagen, wie hier beim Tag der offenen Tür, machen einfach Spaß!

Der Job

An der kleinen Hochschule in Aschaffenburg gibt es mittlerweile nicht nur einen, sogar zwei Tage der offenen Tür übers Jahr. Heute, bei 30 Grad im Schatten, war es mal wieder so weit, und man hat mich gebeten, neben dem Standdienst auch noch ein paar Fotos aufzunehmen.

Bei so etwas geht es um Mood-Bilder – um Bilder, bei denen es nicht wichtig ist, was denn da genau abgebildet ist. Um Bilder, die schlicht die gute Stimmung auf dem Event zeigen sollen.

Manchmal muss man dabei Regie spielen, sonst wirken die Fotos zu statisch, zu sehr „von außen“ als Paparazzi geschossen.


Ich packe meinen Koffer und nehme mit …

Nein, kein Koffer, kein Rucksack, keine Tasche. Tatsächlich habe ich nur die Sony A7III mit der Handgelenkschlaufe mitgenommen und einfach immer in der Hand gehalten. Bestückt war sie mit einem Canon 24-70-Zoom, angeschlossen via MC-11-Adapter. Ab und an hört man, dass für den Reporter drei Festbrennweiten ideal sind. Sagen wir 24, 50 und 85 mm. Ich habe sie alle in der Schublade, aber ich würde für eine kleine Reportage immer eher ein lichtstarkes Zoom mitnehmen. Es liefert mir eine schöne Varianz von weitwinklig, über Freisteller mit Bokeh bis hin zu Closeups, und ich brauche nichts umbauen und nichts schleppen.

Zuverlässige Sony A7III mit einem 24-70 mm Zoom.

Gibt es Nachteile? Ja, einige wenige:

  • So richtig weitwinklig kann die Kombi nicht. Wenn ich mir 17 mm wünsche, dann nehme ich ein 2-er Pano auf.
  • Für beste Portraits mit viel Schmelz taugt die Kombi auch nicht perfekt. Wenn so etwas ansteht, nehme ich ein 85er oder ein 70-200 mit.
  • Close-ups funktionieen, Makros nicht. Das ist aber mit einer Vorsatzlinse oder mit einem Zwischenring flott lösbar.

Eingestellt war die Sony auf Raw + JPEG, AV-Modus (sprich: Blendenvorgabe), ISO 250, EV-Kompensation –0,66 EV. Wieso die Unterbelichtung? Mit den aktuellen, wirklich guten Sony-Sensoren kann man zwar pushen bis der Arzt kommt, aber nicht pullen. Eine Unterbelichtung, auch mal gerne von zwei Lichtwerten, ist sogar auf dem JPEG schnell repariert. Was aber mehr als 0,33 EV überbelichtet ist, ist verloren.

Die Blende kann durchgehend 2,8 oder 3,2 bleiben – für durchgehende Schärfe gehe ich auf Weitwinkel und weiter weg, für viel Unschärfe und Bokeh auf Tele und nah dran.

Der Fokus muss sitzen. Ich verwende fast immer einen passenden Fokuspunkt (Flexible Spot, [S]mall), und nur selten Focus-und-Recomposing.


Kleine Geschichten

Eine öde Geschichte geht wie folgt: Zwei Menschen stehen vor einem Laborgerät und fühlen sich unwohl. Menschen, die vor Dingen stehen.

Nette Kollegen, aber das Foto ist langweilig. Es wirkt zu gestellt und zu statisch.

Das klingt nach „Männer, die auf Ziegen starren“, das hat auch nicht funktioniert. Eine bessere Geschichte ist: Ein Mensch erklärt dem anderen, wie denn das Laborgerät funktioniert – möglichst im Detail, möglichst nah dran. Für mich kann das auch ruhig gestellt sein, es wird dennoch gut aussehen.

Ideale Motive sind Menschen im Austausch, Menschen die interagieren, die etwas erklären, die gestikulieren, lachen, oder auch skeptisch dreinschauen. Schlechte Motive sind Menschen, die gelangweilt oder unwohl wirken oder ganz offensichtlich schauspielern.

Besser wirken Menschen, die interagieren.

Lessons Learned

Wie immer ist das Licht ist am wichtigsten, aber leider ist es oft nicht variabel. Was man aber immer variieren kann, ist die Richtung, in die man fotografiert. Was man manchmal variieren kann, ist der Standort der Menschen, hin zu einem Fenster:

Schick ist immer ein schichtweiser Aufbau aus Vordergrund, scharfem Motiv und Hintergrund, der dann das Foto besonders räumlich wirken lässt. Wenn man irgendwo hindurchfotografieren kann oder wenn man sich zumindest einen Vordergrund suchen kann, gelingt das.

Schönes Licht muss kein Zufall sein. Hier haben wir fünf Minuten lang die Szene hin zum Fensterlicht von rechts umgebaut.

Schön ist auch Abwechslung – vielleicht macht man erstmal ein weitwinkliges Übersichtsfoto, dann in Telestellung ein Closeup mit viel Bokeh? Vieles geht.

Und am Ende sollte zumindest eine kurze Bildbearbeitung stehen. Hier sollte man dann ausrichten und passend zuschneiden, die Schatten aufhellen und das Bild in der Farbe anpassen, zum Beispiel wärmer gestalten.

Oben: Ausgangsfoto, unten: Ergebnis. Das Bild ist nun ausgerichtet und enger zuschnitten. Die Schatten sind aufgehellt und die Farben sind wärmer gestaltet.

Was den Profis erlaubt ist und was nicht…

Online-Guideline der Nachrichtenagentur AP, gekürzt und ins Deutsche übertragen (Stand: 06/2022)

  • Kleinere Bildanpassungen sind akzeptabel. Dies umschließt einen neuen Zuschnitt, Dodge and Burn, die Konvertierung in Graustufen, das Löschen von Sensorstaub oder Kratzern auf gescannten Negativen, normales Toning und Farbanpassungen. Diese Veränderungen sollten auf das minimal Nötige beschränkt werden.
  • Veränderungen in der Dichte, im Kontrast, in der Farbe und Sättigung, die die Szene wesentlich verändern, sind nicht akzeptabel.
  • Hintergründe dürfen nicht weichgezeichnet werden, und nicht per Nachbelichten oder zu starkem Toning abgedunkelt werden.
  • Auch die Korrektur von rotgeblitzen Augen ist nicht akzeptabel.

Galerie

In der Galerie seht Ihr die verwendete Kamera und die Fotos. Zu jedem Foto gibt es einen Kommentar, was ich selbst gut oder schlecht finde, oder wo der Trick war. Enjoy!


Browser-Strandgut

Pro Photographer, cheap camera, mit Sean Tucker:

Sony 50 1.2 Portrait Challenge mit Manny Ortiz:

Irene Rudnyk, im Dschungel:

Moe Zainal: Editing a car shot:


Tilo gallo Gockel, Fotopraxis.net Fotopraxis 26.06.2022

Intern: Farbmanagement Check

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