Sony GMaster 50mm F1.2… ist das Prachtstück sein Geld wert?

Ihr Lieben, heute wird es interessant! Sind Stradivari-Violinen ihr Geld wert? Sind Monette-Trompeten ihr Geld wert? Also im Sinne von Angebot und Nachfrage wohl schon. Aber wie ist es mit Objektiven wie dem Sony GMaster 50 1.2? Der Preis von 2.300 Euro ist für ein simples Fünfziger erstaunlich hoch. Um es gut einordnen zu können, vergleichen wir es heute einmal mit der günstigsten Linse von Sony, dem Nifty Fifty 50 1.8!
Eine kleine Warnung an dieser Stelle: es gibt zwei Sony SEL50 mit Lichtstärke 1.8, die sehr ähnlich heißen: das SEL50F18F und das SEL50F18. Hier ist das erstere gemeint. Das zweite ohne F hinten funktioniert nur am APS-C-Cropformat.
Die trockenen Daten
In der Tabelle seht Ihr eine Übersicht der wichtigsten Daten, die ich der Hersteller-Website entnommen habe. Fast alles stimmt und ist nachvollziehbar, nur der Öffnungswinkel (und damit auch die Brennweite) stimmt nicht ganz. Im direkten Vergleich sieht man, dass das 1.2er einen etwas größeren Öffnungswinkel hat. Es ist also kürzer als 50 mm, geschätzt eher 48 mm. Ihr fragt, ob es nicht sein kann, dass das 1.8er etwas länger als 50mm ist? Nein, ich habe beide mit einem Canon 50er verglichen. Es ist wirklich das 1.2er, das da leicht ausreißt.
SEL50F18F | SEL50F12GM | |
Straßenname | Sony FE 50mm F1,8 FE für Sony E-Mount | Sony FE 50mm F1,2 GMaster für Sony E-Mount |
Preis | 159,00 € | 2.299,00 € |
Gegenlichtblende inkl. | ja | ja |
Gewicht inkl. Geli | 186 g | 778 g |
Anzahl Linsen / Gruppen | 6/5 | 14/10 |
Blende | zirkulare Blende mit 7 Lamellen | zirkulare Blende mit 11 Lamellen |
weiteste und engste Blende | 1,8 und 22 | 1,2 und 16 |
Öffnungswinkel | 47 Grad | 47 Grad |
Minimale Objektdistanz | 0,45 m | 0,4 m |
Maximale Vergrößerung | 0,14 | 0,17 |
Filterdurchmesser | 49 mm | 72 mm |
Aktuelle Sony-Firmware (Stand 9/23); Anmerkung: der Body A7III hat aktuell V 4.01 | Version 0.3 | Version 0.2 |
Besonderheiten | Die Blende kann wahlweise rastend oder nichtrastend eingestellt werden und am Objektiv sind zwei freibelegbare Knöpfe vorhanden. |
Wie ist das Handling?
Beide sind bis aufs Glas größtenteils aus Kunststoff und von daher relativ leicht. Sie liegen gut in der Hand und fühlen sich wertig an. Das kleine 50er wiegt ein Viertel des Großen und wirkt im Vergleich fast wie ein Spielzeug, aber natürlich ist geringe Gewicht im Alltag ein großer Vorteil.
Der Autofokus funktioniert an der A7III bei beiden gut und verfährt auch meistens ohne Pumpen. Das Kleine ist ein gutes Stück langsamer, aber es ist auch schon etwas in die Jahre gekommen. Das Große fokussiert trotz der schweren Gläser erstaunlich schnell. Beide treffen dank der hohen Lichtstärke auch bei sehr wenig Licht noch gut. Wieder hat das 1,2er aber deutlich die Nase vorne, denn es hat die neuere Technologie, die schnelleren Motoren und natürlich auch die höhere Lichtstärke (die exakte Lichtwertdifferenz bei Offenblende ist log2(1,82) –log2(1,22) = 1,17 EV).
Wichtig ist generell bei Sony-Objektiven, dass man die Firmware für den Body und für die Objektive immer auf dem neuesten Stand hält. Die Updates der Linsen werden über das Gehäuse im gleichen Menüpunkt wie die Body-Updates aufgespielt (Menüpunkt „Setup 7/7“).
Liefern beide ein schönes Bokeh?
Beide liefern ein angenehmes Bokeh. Beim 1.8er ist die „American Football“-Form der Bokehkreise dem schlanken Objektivgehäuse geschuldet, weil hier die engere Gehäusewand die Zerstreuungskreise beschneidet. Ich finde diesen Fehler aber nicht gravierend.
Wie bei den Daten erwähnt, ist der Bildwinkel des 1,2er ist etwas größer als der des 1.8er. Dennoch zeigt es auch abgeblendet auf 1,8 minimal größere Zerstreuungskreise als das 1.8er, was wohl durch den Beschnitt der Kreise beim 1.8er zu Stande kommt.




Btw.: Wenn Ihr wie ich Pixel Peeper seid, dann ladet Euch die Vergleichsbilder runter (Mausrechtsklick aufs Bild…) und vergleicht sie in einer pixelgenauen 100%-Ansicht, wie sie beispielsweise Irfanview bietet (dort einfach Return betätigen). Hier im Browser seht Ihr die Bildvergleiche leider interpoliert.
Wie schaut es mit der Schärfe aus?
Den größten Unterschied zwischen den zwei Linsen merkt man wohl bei der Schärfe – zumindest, wenn man sie offenblendig nutzt. Das erste Vergleichsbild, das Crops aus großen JPEGs zeigt, sorgt vielleicht erst einmal für einen kleinen Schock, aber behaltet die Nerven. Die milchige Unschärfe des 1.8er ist relativ leicht zu beheben.


Im zweiten Vergleich seht Ihr nun die Raw-Versionen ohne Nachschärfen in ACR /LR (das muss man übrigens gezielt auf 0 stellen, da die Voreinstellung bereits auf 40 von 120 steht).
Siehe da! Nun wirken beide Bilder leicht unscharf.


Dieses Mal seht Ihr aber die ungeschärften Raw-Versionen. Jetzt wirken beide Bilder unscharf.
Im dritten Vergleich seht Ihr wieder die gleichen Raw-Versionen, die nun aber in ACR nachgeschärft wurden.


Wieder seht Ihr die Raw-Versionen, die dieses Mal aber in ACR nachgeschärft wurden.
Im vierten und letzten Vergleich habe ich jeweils Raw-Bildversionen mit Blende 2,8 verwendet, wieder aus dem Raw entwickelt, und auch wieder in ACR/LR beim Import der Raws direkt nachgeschärft.
Zusammengenommen kann man festhalten, dass das 1.2er bereits bei Offenblende ein gutes Stück schärfer ist, als das 1.8er bei Offenblende. Wenn man aber beide Objektive etwas abblendet, wird der Unterschied minimal.


So langsam verblassen die Unterschiede.
Fazit
Beide Linsen taugen und beide sind fester Bestandteil meiner Ausrüstung. Das preiswerte 1.8er ist klein, superleicht und das Bokeh ist nicht schlecht. Es ist damit perfekt für den Urlaub und als Backup geeignet.
Das 1.2er ist groß und schwer, aber es ist keine Primadonna wie beispielsweise das Canon EF85 F1.2. Es zeigt kein Fringing oder ähnliche Fehler und ist im Umgang völlig problemlos. Es fokussiert trotz den schweren Linsen schnell und ist auch bei Offenblende zumindest in der Bildmitte scharf und damit alltagstauglich. Naturgemäß zeigt es bei Offenblende eine starke Vignettierung, die man aber in der Kamera über die Shading Correction korrigieren kann (Menüpunkt „Quality/Image Size 2 > Lens Comp.“).
Im Klartext: Wenn man beide Objektive auf 2,8 oder gar auf 4,0 abblendet, sieht man keinen nennenswerten Unterschied mehr. Das 1.2er lohnt sich also nur, wenn man es wirklich immer offen betreibt. Bei mir ist der Blendenring daher mit einem Stück Tape auf 1,2 fixiert.
Sony hat übrigens noch ein weiteres, dem 1.2er sehr ähnliches Objektiv im Repertoire – das SEL50F14GM. Wie die Bezeichnung vermuten lässt, ist auch das eine hochwertige GMaster-Version, nur eben mit Lichtstärke 1,4, statt 1,2. Wenn Ihr eh öfters mal auf 1,4 abblendet, könnt Ihr hier viel Geld sparen.
Bonus
Falls Ihr Panoramen machen wollt, dann braucht Ihr den Nodalpunkt. Er liegt beim SEL5012GM genau auf der Höhe der Mitte der zwei freibelegbaren Knöpfe am Objektiv (das ist auch die Mitte des roten G-Logos). Beim 1.8er liegt er auf der Höhe des Schriftzugs “FE 1.8 / 50”.

Browser-Strandgut
Hurra, die Neue Fotoschule ist nun online und für jedermann und jede Frau frei verfügbar. Einige (wenige) Fehler in der Printausgabe habe ich korrigiert und dann dem Werk noch ein schickes neues Cover verpasst! Schaut mal rein, es kostet nichts.
Martin Botvidsson fotografiert Whiskey mit nur einem Licht:
Daniel Schiffer getaltet ein kleines, sehr schickes Werbevideo mit Canva:
Tilo ~gallo~ Gockel, http://www.fotopraxis.net, 20.09.2023
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