SMARTPHONE (I): PRODUCT UND TABLETOP

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Hallo liebe Blog-Leser, schön, dass Ihr hier vorbeischaut! Heute kommt der erste Teil zur Serie mit dem Smartphone, angeregt durch >Alex Koloskovs schickes Whiskey-Glas. Ich komme so langsam rein und lerne, was das iPhone gut kann und was nicht. Eines kann ich jedenfalls schon einmal sagen: Das Experiment macht richtig Spaß. Das kann ich nur weiterempfehlen!

SMARTPHONE (I): PRODUCT UND TABLETOP

Heute habe ich mir als Motiv ein kleines Taschenmesser ausgesucht. Nehmen wir an, man benötigt davon ein Foto für eine Website, einen Prospekt oder eine Auktion. Und dann legt man das Messer auf eine Schieferfliese und macht ein Foto mit dem Handy auf Automatik (bei mir: iPhone 4s, aber jedes andere ist besser). Und dann kommt das hier dabei heraus:

Unterirdisches Ausgangsbild
Unterirdisches Ausgangsbild

Das ist natürlich ernüchternd! 🙁 Aber das bekommen wir hin, und dann sieht die gleiche Szene mit dem gleichen Smartphone fotografiert auf einmal so aus (Mausklick vergrößert):

Ergebnis
Ergebnis (2x Mausklick vergrößert)

PROBLEME UND LÖSUNGEN

Was waren nun genau die Probleme beim ersten Bild und wie wurden sie gelöst auf dem Weg zum zweiten Bild?

Zu allererst einmal fehlt dem ersten Bild offensichtlich die richtige Schärfe. Das lässt sich am leichtesten lösen. Das Phone kommt auf ein Stativ und wird mit dem Ohrhörerkabel fernausgelöst (das funktioniert beim iPhone über die Plus-Taste). Wer keinen Fernauslöser hat, der nimmt den Selbstauslöser. Für eine durchgehende Schärfe mache ich zwei Fotos, eines mit scharfer Klinge, eines mit scharfem Griff (und besserem Licht auf dem Griff), und fusioniere sie später per Focus Stacking in Photoshop.

Dann stimmt beim ersten Bild weder die Belichtung noch der Weißabgleich. Auch das lässt sich lösen, und zwar hier mit der App >645 Pro Mk III. Ich wähle den ISO-Vorgabe-Modus, stelle auf ISO 50 ein und drehe an der Belichtungskompensation, bis mit das Bild gefällt. Den Weißabgleich nehme ich (noch) schlicht mit einer Graukarte vor und verriegele dann. Dieses Verriegeln auf Custom White Balance funktioniert bei der 645-App ganz einfach per Tastendruck auf die WB-Taste.

Dann baue ich die Szene etwas um: Die Schieferfliese bleibt, aber das Messer wird mit einem kleinen Metallblech und mit Fotoknete hochgesetzt (das Blech wird später wegretuschiert). Auf das Messer und um das Messer herum tropfe ich dann noch etwas Glyzerin aus der Apotheke.

Wir sind auf der Zielgeraden, aber der wichtigste und aufwändigste Teil fehl noch – das LICHT! Und das hat auch am meisten Einfluss auf das Resultat. Im ersten Foto hat das iPhone den internen LED-Blitz gezündet, und das Resultat war einfach schauderhaft. Ab hier muss man sich ein paar Gedanken machen. Ohne Kamera, nur mit dem Messer und den Lichtquellen:

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Licht No. 1 (von links): Die Klinge braucht ein Kantenlicht an der oberen Kante. Dieses Licht sollte man so setzen, dass auch die drei Schliffflächen möglichst unterschiedlich hell werden (dass der raffinierte Schliff gut erkennbar wird), dass aber auch die Schrift auf der Klinge noch gut lesbar ist.

Licht No. 2 (von hinten): Das zweite Licht dient dazu, die hintere Kante und die Kante in dieser geschwungenen Verzierung in der Plastikgriffschale leuchten zu lassen.

Licht No. 3 (von rechts): Dieses letzte Licht lässt als Streiflicht das Logo im Griff deutlich hervortreten, beleuchtet dezent die vorderen Kanten des Griffs und bewirkt eine schöne Schattierung (einen Verlauf) über den Griff.

Die Winkel muss man ausprobieren, und die schönen, weichen Gradienten kommen dann durch >Leuchtkastenfolie von Modulor.de zustande. Der Warm-Kalt-Kontrast wiederum ergibt sich bei mir dadurch, dass von hinten eine warme Halogennachttischlampe leuchtet, von den links und rechts aber kühle >LED-Lenser-Taschenlampen. Lampen und Folien werden von Bastelzwingen aus dem Baumarkt gehalten.

Licht-Setup

1: Halogenlampe
2: LED-Lampen (LED Lenser P7)
3: Leuchtkastenfolie von Modulor.de
4: SmartPhone auf Stativ, in >Halterung, fernausgelöst mit dem Ohrhörerkabel

Dann stört mal wieder die perspektivische Verzerrung der 35mm-Weitwinkelcharakteristik. Ich löse das hier durch mehr Abstand und einen anschließenden engen Crop in Photoshop, der aber leider, leider Auflösung kostet: Ich lande bei rund 2000 x 1333. Demnächst müssten aber auch die bestellten Telekonverter endlich kommen!

Das restliche Photoshopping besteht aus folgenden Schritten: Kleiner Stack aus zwei Aufnahmen; Retusche, Hintergrund anflicken, Abstandshalter löschen, dreifache Raw-Entwicklung (in Photoshop, ab CC, per Filter > Camera-Raw-Filter) und Abschlussretusche mit Farb- und Kontrastfeinschliff und Scharfzeichnung. Die einzelnen Schritte seht Ihr detailliert in der Galerie.

DIE GALERIE

In der Galerie seht Ihr nun die komplette Bildstrecke, sozusagen als Daumenkino. Vom unterirdischen Motivationsbild, über die Lichtskizze, den Aufbau, die Photoshop-Screenshots bis hin zum Ergebnis.

LESSONS LEARNED

  • Also zuerst einmal habe ich gelernt, dass Tropfen aus Glyzerin (= >Glyzerol, laut meinem Apotheker) ewig halten. Ewig. Ich habe das Mittel übrigens unverdünnt verwendet.
  • Dann habe ich gemerkt, dass mir Dauerlicht gut gefällt. Das bietet endlich WYSIWYG. Toll. Mit Blitzen wäre man da schon länger beschäftigt!
  • Weiterhin stört mich eigentlich am iPhone für diese Zwecke nur die 35mm-Perspektive, der Rest funktioniert prima und die Qualität reicht auch für größere Drucke aus. Ich löse das Problem der Perspektive wie beschrieben durch den Zuschnitt, aber das kostet zu viel Auflösung. Ein Ausweg kann ein kleiner Telekonverter sein. Diese Konverter gibt es für >11 Euro und für >80 Euro. Ich habe einfach einmal beide bestellt und stelle sie demnächst hier vor! 🙂
  • Dann bin auch ich bei diesen Experimenten und Fotos wieder einmal erstaunt, wie wenig Einfluss die Kamera hat und wieviel das Licht.
  • Tcha, und dann hab ich gemerkt, dass diese Experimente nicht nur lehrreich sind, sondern auch noch total viel Spaß machen. Mit der 5D Mk III und einer L-Linse würde es sicher auch Spaß machen, aber dann sagen natürlich alle: Mit der Kamera und der Linse kann das ja jeder. Aber ganz ehrlich: die Fotos würden bei den gezeigten Auflösungen auch nicht anders aussehen. Das hat ja auch schon >Koloskov vor mir bewiesen. 🙂

AUSBLICK

Die Serie geht noch weiter, keine Sorge. An Motiven wird es noch irgendwas technisches geben, vielleicht nochmal eine Uhr, oder auch einfach ein iPhone. Dann Schmuck, dann voraussichtlich auch Food.

An Techniken steht noch der Telekonvertereinsatz an, die Kamerakalibrierung mittels Spyderchecker24 sowie schicke Spiegelungen. Vielleicht auch Super Resolution. Im Zusammenhang mit Food sicher auch irgendwas mit Unschärfe und Bokeeeh.

Stay tuned!

BROWSER-STRANDGUT

+++ Splash +++ Wein +++ Portfolios +++ DIY Beauty Dish +++ Eiswürfel +++ Glas +++

  • Weekly Imogen: Portraits through glass. Schick:
  • Eberhard Schuy: Wie man Eiswürfel fotografiert. Cool gemacht:

Tilo ~gallo~ Gockel, 06.11.2014

12 thoughts on “SMARTPHONE (I): PRODUCT UND TABLETOP

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  1. Naja, die Probleme, die so auftraten, hast du kreativ und gekonnt gelöst. Dann aber frage ich mich: warum der ganze Aufwand, wenn man dann ein Telefon auf das Stativ setzt statt einer DSLR? Ich habe früher Musik gemacht und die Vorgehensweise erinnert ein wenig daran, eine Gesangstimme in einer Küche mit billigem MIkro aufzunehmen, um dann Stunden damit zu verbringen, die verkorkste Aufnahme in der Recordingsoftware noch irgendwie zu retten.

  2. @Andreas: Danke fürs Feedback … soso, in der Küche, also ich sing immer in der Badewanne! 🙂

    Das _warum_? Der Nutzen?
    + Das Smartphone hat man immer dabei, gut wenn man weiß, wie damit hochwertige Aufnahmen gelingen
    + Die Tricks sind auch übertragbar
    + Es ist interessant, auch für mich, zu sehen, wie wenig Effekt die Kam, und wieviel Effekt das Drumherum hat

    Aber hauptsächlich machts mir einfach Spaß, so mcgyver-mäßig mal zu tricken und zu zaubern, das gebe ich gerne zu. Entsprechend bist Du, was die Frage nach dem tieferen Sinn angeht, bei mir irgendwie falsch! 🙂 🙂
    VG Tilo

  3. Ah okay, Mc Gyver also … Ich sehe bereits Dein nächstes Buch. 🙂
    Ach so, nicht ich habe gesungen. Das wäre auch der Super-GAU, das traue ich mich nichtmal in der Badewanne.

  4. Hallo Thilo, super interessantes Thema, habe es mit einem iphone 4 ausprobiert, leider gibt es für dieses keine app mit manuellen Eingriffmöglichkeiten (kein IOS 8 möglich) aber es ist erstaunlich was man selbst da rausholen kann-ein Grund zum Handy update ? 🙂
    Grüße Uwe

  5. Hi Uwe, merci fürs Feedback. Ich glaube, das ist kein Beinbruch … du kannst doch mit camera+ auch die Belichtung einstellen….Nur hat Dein Handy m.w. nach nur 5 mp statt 8 …. das wäre eher ein Grund upzudaten 🙂 VG Tilo

  6. Nachdem die camera+ für IOS 8 fit upgedated haben funktioniert das bei mir unter IOS 7 leider nicht mehr richtig, schon 2 Gründe fürs update 🙂
    Grüße Uwe

  7. Pingback: iWyre

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