1. Workshop: Toy Towns – Der Tilt-Shift-Effekt

Immer häufiger sieht man in Fotozeitschriften oder auch bei Flickr solche Fotos, bei denen man zuerst denkt, dass es sich um ein Modell handelt. Auf den zweiten oder dritten Blick wird dann auf einmal klar, dass es eine wirkliche Landschaft oder Stadt ist, die nur mittels eines geschickt eingesetzten Effektes so klein wirkt. Und wenn man nun Lust bekommt, selbst einmal so ein Tiny-Town- oder Toy-Town-Foto zu erstellen, dann ist das eigentlich ganz einfach und macht auch wirklich Spaß. Der klassische, althergebrachte Weg geht über eine Spezial-Optik, genauer über ein Tilt-Shift-Objektiv, [1]. Wenn man dieses entgegen seiner Bestimmung einsetzt, so kann man nicht wie sonst meist gewollt einen sehr großen Schärfebereich, sondern auch einen sehr kleinen Schärfebereich erzielen. Das wiederum sieht dann genauso aus wie eine Makroaufnahme.

Tilt-Shift-Objektive sind abgesehen von den “LenseBabies”-Spielzeuglinsen [2]  relativ teuer, man kann den Effekt aber auch gut in Software simulieren und oft sind die Ergebnisse damit sogar besser, weil extremer! Zur grundsätzlichen Vorgehensweise gibt es hier bereits einen Workshop mit dem Titel: “Echtes Bokeh versus Fake Bokeh”, [3]. Genauso macht man das auch bei den Miniaturlandschaften, man sollte aber ein paar Sachen noch zusätzlich beachten, um einen wirklich guten Effekt zu erzielen. Das beginnt schon bei der Auswahl des Bildmaterials: Gut geeignet sind Ansichten von oben, das ist auch die typische Perspektive auf eine Modelleisenbahn. Wenn im Foto noch eine Bahn vorkommt, umso besser bzw. umso glaubwürdiger. Dann wird man meist einen simplen vertikalen Schwarz-Weiß-Verlauf verwenden, diesen in den Alpha-Kanal kopieren und darauf dann den Filter “Tiefenschärfe abmildern” einsetzen. Dann merkt man aber vielleicht, dass bestimmte Bildteile, die eigentlich vom Bildaufbau her unscharf sein sollten, scharf sind und umgekehrt. Also muss man meist an dieser Verlaufsmaske noch ein wenig verbessern, wobei man mit dem Pipettentool aus dem Grauwertverlauf stets die jeweils passende “Bildtiefe” aufnehmen kann. Irgendwann ist der Effekt dann gut und es geht an die Feinarbeit:

  1. Himmel ist problematisch, weil bei Modellbahnen normalerweise auch kein Himmel zu sehen ist. Oft kann man diesen aber auch einfach abschneiden.
  2. Modelleisenbahnen sind viel farbenfroher und sauberer und glänzender, als das wirkliche Leben. Um diesen Effekt zu simulieren, dreht man einfach etwas an Helligkeit, Kontrast und Sättigung und repariert alle Schäden, Kratzer usw. mit dem Stempelwerkzeug.
  3. Mit dem Abwedler (Lichter, ca. 2 %) kann man den plastikartigen Look noch gezielt lokal verstärken, mit dem Schwamm kann man gezielt lokal an bestimmten Bildteilen die Sättigung erhöhen. Viel bringt bspw. auch das Abwedeln an den Gleisen – Modellbahnschienen sind neu, glänzend und hell …!
  4. Der Einsatz des Tiefen-und-Lichter-Filters ist nützlich, um zu ausgeprägte Schatten zu reparieren und den Kunstlicht-Effekt zu verstärken.
  5. U. U. kann sich der Einsatz eines PS-Fotofilters lohnen: Warmfilter, ca. 8–12%.
  6. Abschließend: Eine dezente Vignette verstärkt den Eindruck einer Makroaufnahme, ein Rahmen und eine Beschriftung gibt dem ganzen eine schicke Aufmachung.

Perfektionisten schauen einmal ein paar Fotos von echten Modellbahnen auf Flickr durch, um den visuellen Eindruck besser kopieren zu können, [6]. Und abschließend: Wem das alles zu umständlich ist, der kann auch ohne Photoshop einfach das kostenlose Online-Tool unter [4] verwenden. Auch hiermit sind mit geeignetem Bildmaterial schonmal wirklich anschauliche Ergebnisse möglich!

Abbildung 1: Reichlich triste Sicht auf eine Bahnstrecke vor der Bearbeitung.

 

Abbildung 2: Bahnstrecke und ICE nach der Bearbeitung (Anklicken zum Vergrößern). Für die Originalauflösung: vgl. [5].

 

 

Abbildung 3: Mal etwas anderes – Yachthafen vor Sirmione  (Anklicken zum Vergrößern). Das Bild wurde in wenigen Minuten erstellt mit dem Online-Tilt-Shift-Maker, [4]. Zur die Originalauflösung vgl. [7].

Quellen

  1. Wikipedia-Artikel zum Thema Tilt-Shift-Objektive:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Tilt-und-Shift-Objektiv
  2. Wikipedia-Artikel und Herstellerseite zur Lensbaby-Linse:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Lensbaby
    http://lensbaby.com/
  3. Workshop: Echtes Bokeh versus Fake Bokeh:
    https://fotopraxis.wordpress.com/workshops-2/workshop-echtes-bokeh-vs-fake-bokeh/
  4. Online-Tilt-Shift-Tool:
    http://tiltshiftmaker.com/
  5. Modelleisenbahn-Aufnahme in höherer Auflösung:
    http://www.flickr.com/photos/galllo/4281920157/sizes/l/
  6. Flickr-Modellbahngruppen
    http://www.flickr.com/groups/miwula/
    http://www.flickr.com/groups/modeltrains/
  7. Sirmione in höherer Auflösung:
    http://www.flickr.com/photos/galllo/4231021388/sizes/l/
  8. Link zu einem prima Software-Tool für Tilt-Shift-Fakes – Prädikat sehr empfehlenswert!:
    http://www.tiltshiftgenerator.com/de/

6 Kommentare

  1. „Danke für die wertvollen und nützlichen Ratschläge. Ich konnte mir vieles aus dem Artikel abschauen. Ich habe diesen Effekt früher in Photoshop erzeugt, aber nachdem ich mir Artensoft Tilt Shift Generator geholt habe, mache ich alles nur noch da.
    Wo wurde das Foto eigentlich aufgenommen? Ist das zufällig der Bahnhof Buchloe? 🙂 Erinnert ziemlich daran! „

  2. Pingback: Bilder halten Momente fest | Home of my digital alter ego...

  3. Erich B.

    Ich erstelle gerade eine Fotoserie meines Gartens, im Jahresverlauf. Es gibt natürlich auch Nachbarhäuser. Diese wollte ich etwas in Hintergrund treten lassen. Ist der tilt-shift Effekt hierzu geeignet? Oder gibt es noch etwas besseres?
    Also die Häuser ganz auszuschneiden erscheint mir nicht sehr praktikabel.
    LG Erich

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