5. Essay: Digital versus Analog

Digitalkameras gibt es aktuell bis ca. 40 Megapixel, in der Consumerklasse und mit Kleinbildformat bis ca. 24 Megapixel Auflösung (meine Kamera hat 15 MP, meine nächste wohl 21 MP). Ein Kleinbildanalogfilm hat theoretisch und je nach Quelle und je nach ASA maximal um die 25 Megapixel Auflösung, gemessen aber eher so um die 14 Megapixel.
Moderne Digitalkameras haben einen Dynamikumfang von 10-11 bit, ein Chemie-Negativfilm, 100 ASA, hat ein bisschen mehr, ein Diafilm ein bisschen weniger.
 
Das einmal als Eckdaten, wichtiger ist aber, dass die Digitalkameras diese Grenzen auch wirklich ausreizen – man kann auf einmal hochpräzise fokussieren und exakt belichten, sieht die Ergebnisse sofort, kann notfalls nachkorrigieren, bis das Optimum erreicht ist. Entsprechend mussten die Kamerakersteller tatsächlich in den letzten Jahren das Objektivsortiment wesentlich überarbeiten (auch Objektive haben eine maximale Auflösung) und neue Objektive konstruieren, die mit der wesentlich gewachsenen tatsächlich nutzbaren Auflösung der Digitalkameras mithalten können.
 
Das ist aber alles immer noch nicht so relevant, viel wichtiger ist, dass moderne Fotos ohne Nachbearbeitung kaum denkbar sind (hoffentlich eindrucksvoll hier belegt: https://fotopraxis.wordpress.com/workshops-2/workshop-ein-leben-ohne-photshop  )  und damit natürlich die Frage aufkommt: Wenn man nicht digital fotografiert, wie kommt das Bild dann zur Nachbearbeitung in den PC?
 
Da gibt es nicht viele Möglichkeiten, normalerweise sind das Diascanner, und spätestens an dieser Hürde hat die Analogtechnik leider komplett verloren :-/  – da bleibt nicht mehr viel übrig an Auflösung und Dynamik …
 
Summa summarum: Ja, Chemiefilm verzeiht Übersteuerungen, ja: theoretisch liefert er auch eine sehr hohe Auflösung, nein: In der Praxis und in der Kette bis zum Papierbild oder Bild im Web / auf dem Monitor ist die Analogkamera keinesfalls mehr besser, eigentlich sogar mindestens von Profis nicht mehr sinnvoll einsetzbar.  :-/
 
Noch ein kurzes Beispiel, was sich in Sachen Digitalkameratechnologie so tut: Früher hat man mit 50 oder 100 oder 200 ASA fotografiert. Wenn wenig Licht war vielleicht auch mal mit 1000 ASA, aber die Bilder waren dann schon sehr grobkörnig. Absolutes Limit war wohl sowas wie 3200 ASA.
Die Kameras von Nikon und Canon der neusten Generaton gehen bis 102400 ASA/ISO. Bis ca. 1200 ISO (ISO hat ASA abgelöst, hat aber den gleichen Wertebereich) sieht man bei Digikams im Preissegment um die 2000-3000 Euro keinen Unterschied mehr, gut nutzbar sind die Fotos locker bis 6400 ISO.
*
Beispielbilder zum Thema gibt es bspw. hier:: http://www.photographical.net/canon_1ds_35mm.html 

8 Kommentare

  1. Ich finde die Aussage „…dass moderne Fotos ohne Nachbearbeitung kaum denkbar sind…“ diskussionswürdig. Was macht heutzutage einen „guten“ Fotografen aus? Dass er virtuos mit Photoshop umgehen kann und seine Bilder bereits so aufnimmt dass er sie optimal nachbearbeiten kann? Oder sollte man doch eher den Anspruch haben ansprechende Bilder mit möglichst wenig Nachbearbeitung hinzubekommen? Kommt sicher auf das Motiv an, aber ich versuche doch eher fast nichts nachzubearbeiten weil ich das anspruchsvoller finde 😀

    Abgesehen davon werden die meisten Werbefotos in Zukunft sowieso komplett im Computer entstehen, da wird dann weder ein Model noch ein Studio noch eine Kamera benötigt werden…

  2. :-)= Hi Alex,
    und das auch noch von Dir Du Brutus — Du hast doch alle Deine letzten Bilder nachgearbeitet …

    Hm, ja, schwierig, die Diskussion hatte ich auch schon häufiger… Klar, es gibt Attribute, die kann man nicht in Photoshop hinbekommen, die muss man im Bild erwischen: Typischerweise das Licht. Dann muss natürlich der Ausschnitt so gewählt sein, dass man später noch auf einen idealen Bildausschnitt croppen kann. Die Aufnahme muss auch scharf und von der Aussteuerung und dem Rauschen her gut sein, das kann man später auch nur in geringem Maße fixen.

    Aber von Anfang an zu versuchen, die Farbtemperatur gut hinzubekommen? Geht besser im Raw-Konverter. Oder den Bildausschnitt? Durch den Sucher / auf dem Display geht doch viel schlechter, als in PS am großen Monitor!

    Ich seh da keine sinnvolle Herausforderung.

    Aber wer da drauf steht, der könnte sich ja auch eine Messsucherkamera zulegen, was so ganz ohne Display oder so. Und sich dazu noch ein paar Bleigewichte an die Knöchel binden 🙂

    Bei mir wars ein komplettes Umdenken, als die bearbeiteten Bilder viel mehr Erfolg hatten als die unbearbeiteten:
    https://fotopraxis.wordpress.com/workshops-2/workshop-ein-leben-ohne-photshop/

    Die Gitarre hat einen zweiten Preis gewonnen, die Limonade und der Curacao-Splash sind bei Flickr glaub ich immer noch in der Explore-Section. Das hätten die unbearbeiteten Bilder nie geschafft (besonders nicht die Limonade :-).

    Die große Herausforderung bleibt: Glaubwürdig bleiben! 🙂

    Grüße,
    Tilo

  3. Klar, ich hab ja nicht gesagt dass Nachbearbeitung per se schlecht ist. Die Frage ist halt wo Fotografie aufhört. Wenn ich sowieso schon den Aufwand betreibe das komplette Bild zu stellen (z.B. Studioaufnahmen), dann kann ich auch kräftig nachbearbeiten. Möchte ich aber den Augenblick einfangen (was meiner Meinung nach die ausdrucksstärksten Bilder sind) dann sollte das auch (fast) ohne gehen weil sonst die Authentizität leidet und es sich meiner Meinung nach nicht mehr um die „Kunst der Fotografie“ handelt. Das ist natürlich alles hochgradig subjektiv und wird jeder für sich anders entscheiden.

    Das ganze ist ja nur diskussionswürdig wenn es um die Fotografie im Sinne von „kenne deine Kamera, habe den Blick für das richtige Motiv, drücke im richtigen Moment ab“ geht. Also letztlich um das Können des Menschen hinter der Kamera in dem Moment wo das Bild entsteht. Geht es um ein gutes Bild, dann sind natürlich viele Wege möglich.

    Wäre mal interessant zu wissen wie viele der spontan wirkenden Bilder von National Geographic entstehen. Vieles ist „gestellt“, das ist klar, aber so manches Bild hat für mich genau dieses „oh, sieh mal da – klick“-Gefühl.

  4. Dieses „Einfangen des Augenblicks“, ich weiß nicht so recht, sicher oft Illusion. Beispiele:

    Robert Capa, eines der bekanntesten Bilder der Welt – mittlerweile vermutet man, dass es gestellt war:

    Jose Louis Rodriguez: Wilder Wolf über Zaun, „Wildlife Photographer of the Year 2009“, wohl auch gestellt, Preis wieder aberkannt:
    http://www.spiegel.de/fotostrecke/fotostrecke-48046.html

    Tja, und mein Liieeblingsbild… auch gestellt, eh klar, aber was solls:
    Please call back later

    Und dann aber noch was aus Paris, von Stephie, toll eingefangen, ganz natürlich, nicht gestellt:
    http://www.flickr.com/photos/finding_herself/4665858029/

    Und so ein Zwischending: Toll gesehen, gut eingefangen, wirkt aber nur durch die kundige sw-Konvertierung:
    Ghosts in Vienna - Des fantômes à Vienne

    Es bleibt schwierig! 🙂
    Grüße, Tilo

  5. eine recht oberflächliche auseinandersetzung mit dem thema.

    um das fotografieren auf klassischem film mal in schutz zu nehmen und mir aufwendige schreibarbeit zu ersparen möchte ich an dieser stelle mal auf

    http://www.warum-analog.aphog.de/

    verweisen. dort wird das thema etwas ausführlicher und nicht so oberflächlich behandelt.

    desweiteren gibt es mehr möglichkeiten als sein analogmaterial mit einem filmscanner zu digitalisieren. zum beispiel wäre da das reproduzieren mittels leuchttisch und digitalkamera. wenn man dabei das bild in mehrere teile auf splittet und für jeden teil die volle fläche des sensors nutz kommt man schnell auf eine bildauflösung jenseits heute verfügbarer kleinbilddigitalkameras.

    ich denke beide arten der fotografie haben ihre berechtigung und sollten sich nicht gegenseitig ausschließen. am ende zählt das ergebnis – egal auf welchem weg es entstanden ist.

  6. Hi Peter,
    merci fürs Feedback, Link schaue ich mir direkt mal an!

    Ansonsten: ob die Analogfotos durch Abfotografieren statt Scannen wirklich besser werden?! Also ich weiß nicht …

    Aber – ganz klar – jedem sein eigener Weihnachtsmann!!

    Grüße
    Tilo

  7. Tilo

    Hi Tilo,
    yeah… das ist das richtige Umfeld für Stellungskrieger.

    Ich selber will das Chemiegedöns auf keinen Fall zurückhaben. Die Unmittelbarkeit der Rückmeldung bei der Aufnahme und der massiv geringere Aufwand bei dem Prozess der Weiterverarbeitung stehen für mich über jedem Gegenargument.

    Argumente, die seltener genannt werden, aber durchaus Killerqualitäten haben sind die Verfügbarkeit der Bilder im Sinne von Einfacheit der Verteilung und Einfachheit der Erstellung von Papierexemplaren. Digitale Bilder sind in der Masse allein schon deswegen besser, weil sie in größeren Mengen leichter transportierbar sind.
    Wenn die elektronische Verfügbarkeit nicht reicht, haut heute jeder Kopierer vertretbare Qualitäten in A3 raus, die für Zwecke der technischen Dokumentation oder der Erstprüfung mehr als ausreichend sind.

    Darüber hinaus… die Ausage „… und spätestens an dieser Hürde hat die Analogtechnik leider komplett verloren…“ bringt es besser auf den Punkt als ich es je könnte.

    Dennoch wird die Silberfotografie überleben – warum auch nicht? Sie besetzt eben Nischen und das ist garantiert kein Makel.

    Andreas Gursky steht darüber, siehe hier:

    Interessant dazu auch Vincent Laforet:

    oder auch in seinem Blog vom 07. März 2013
    http://blog.vincentlaforet.com/page/9/

  8. Hi Tilo — cool, merci für die Video-Links! Ich hab auch nichts gg Analog, nur für mich selbst ist das nichts … — hööööchestens vielleicht beim Plattenspieler 🙂 schöne Grüße Tilo

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