Food-Fotos mit Bounce Flash

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Hallo liebe Freunde der gehobenen Food-Fotografie!

Ihr wollt für Instagram oder fürs Blog feine Fotos machen? Das ist normalerweise kein Problem, denn man kann sich ganz einfach ein Fenster suchen und >Tageslicht nutzen.

Zumindest, wenn es nicht nach 17:00 Uhr ist, denn dann ist zu dieser Jahreszeit die Sonne weg. Verflixt! ;-(

 

Elegantes off-Camera Flash Bouncing

Motivation

Wieso denn eine neue Technik? Es gibt doch Softboxen, Schirme, Tageslichtlampen, Studioblitze? Ja, das könnte man alles einsetzen, aber im Restaurant wird man dann vor die Tür gesetzt, und selbst zu Hause ist das häufig einfach zu viel Aufwand. Von den Anschaffungskosten will ich gar nicht reden. Wie wäre es denn alternativ mit einer Lichtquelle für die Jackentasche, die richtig Power hat, Tageslichtspektrum liefert, wunderbar weiches Gegenseitenlicht erzeugen kann und bereits ab 60 EUR zu haben ist? Gemeint ist der ordinäre Aufsteckblitz, den man allerdings dann schlau nutzen muss.

Wer vom klassischen Flash Bouncing spricht, meint meistens, dass er den Blitz auf der Kamera einsetzt (on-Camera) und ihn dann nicht geradeaus richtet, sondern zur Seite oder nach oben. Profi Neil van Niekerk zeigt uns >hier, wie das funktioniert. Für Porträts gelingt das mit ein bisschen Übung wunderbar, bei Food scheitert der Ansatz aber. Der Grund ist, dass Food fast immer Gegenlicht oder Gegenseitenlicht benötigt, man aber kaum über das Gericht „drüberweg“ leuchten kann, weil dann zu viel direktes Streulicht aufs Motiv fällt.

Die Lösung liegt nahe: Man löst den Blitz ganz einfach von der Kamera und hält ihn dann in der (linken) Hand über oder hinter das Gericht.

Ausgerichtet wird er in Richtung Wand, auf die Stelle, wo man sich eine große Softbox wünschen würde.

Die Tricks in der Kürze

  • Klar, der Blitz muss funkentfesselt sein. Eine rein manuelle Entfesselung ohne TTL reicht aber aus, weil man ja den Blitz jederzeit mit der Hand flott verstellen kann (man hält ihn ja bereits in der Hand). Ich nutze einen Godox-Blitz, funkentfesselt über meine uralten, aber sehr zuverlässigen Yongnuo-602-Module (siehe das Schemabild in der Galerie).
  • An der Kamera verwende ich dann gerne ein Zoom-Objektiv (beispielsweise ein 24-70), weil mir das die notwendige Flexibilität hinsichtlich des Aufnahmewinkels und des Aufnahmeabstands gibt. Ich habe schließlich in der anderen Hand den Blitz und muss mit diesem „übers Essen drüberweg“. Das schränkt die möglichen Positionen stark ein .
  • Meine Lieblingsobjektiv für solche Geschichten ist das Canon EF 24-70 f/2.8L II, das mitsamt Sigma-Adapter MC-11 aber immerhin fast ein Kilogramm auf die Waage bringt (800 g plus 125 g). Da macht bei Einhandbedienung irgendwann das Handgelenk schlapp. Wer bei der Qualität Abstriche machen kann, der setzt für diese Bounce-Technik beispielsweise das Tamron 28-75 f/2.8 III ein (für Sony-FE-Bajonett), das nur 550 g wiegt. Man könnte auch ein leichtes 50 1.8 probieren, wäre dann aber nicht so flexibel.
  • Es ist gar nicht so leicht, die Kamera einhändig zu bedienen. Auslösen geht noch, aber dann auch noch gezielt den Ausschnitt zu wählen und zu fokussieren ist schon fummelig. Hier verhilft mir bei meiner Sony A7 III der Grip Extender Meike MK-X1EM zu einem besseren Halt.
  • Wer sich nicht allzu sehr verrenken möchte, der setzt eine Kamera mit Kipp-Display ein und fokussiert nach Display statt nach Okular. Je nach Motiv und Anordnung kann das dann schon entspannter sein.

Der Ablauf in der Kürze

  1. Kamera auf M, auf weite Blende (bei mir auf 2,8), ISO auf 200, Belichtungszeit auf eine Zeit nahe Synczeit (um 1/200 Sekunde).
  2. Raumlicht aus (wenn jetzt der AF streikt, dann schaltet man irgendwo eine kleine Lampe wieder an). Testschuss ohne Blitz. Das ist der sog. „Schwarzschuss“. Das Ergebnis sollte fast schwarz ausfallen, und somit zeigen, dass das unvorteilhafte Umgebungslicht ausgeblendet ist.
  3. Blitz in die linke Hand, auf M und auf 1/8 Blitzenergie, übers Motiv hinweg gegen die Wand richten.
  4. Kamera in die rechte Hand, fokussieren, auslösen.
    Schwarzer Balken? Dann Belichtungszeit verlängern. Ich lande bei 1/160 Sekunde.
  5. Blitz zu hell, zu dunkel? Mit der linken Hand einfach am Blitz nachstellen.
  6. Nun einige Fotos machen und dabei verschiedene Winkel des Blitzes zur Wand ausprobieren.

Die Technik braucht Übung, aber der Lohn ist, dass man dann mit nur einem Speedlight ohne Lichtformer quasi überall schönes Licht erzeugen kann. Das funktioniert nicht nur in der heimischen Küche, sondern auch auf dem Streetfoodfestival oder auf der Hochzeit oder bei anderen Events.

Und wenn Ihr noch ein Stativ oder einen Helfer dabei habt, dann wird alles auf einmal viel entspannter. Dann wird der Blitz einfach fix gegen die Wand gerichtet und Ihr könnt Euch voll und ganz auf die Kamera konzentrieren.

Ihr wollt dann bequem den Blitz aus der Ferne einstellen? Das gelingt entweder mittels etwas teurerer Funkmodule (Produktbeispiel für meinen Godox-Blitz TT685S: Funkmodul Godox x1t-s) oder aber auch über >diesen schmutzigen Trick hier! 🙂

Galerie

In der Galerie seht Ihr die Technik noch einmal schematisch dargestellt und findet auch ein paar Ergebnisse. Viel Vergnügen!

Tilo ~Gallo~ Gockel, http://www.fotopraxis.net, 11/2019

 

4 Kommentare

  1. Armin

    Danke für die wie immer erfreulich unaufgeregte Herangehensweise und das ich hier jedes Mal etwas lernen kann! Bin auch ein großer Fan Ihrer Bücher!

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